Satura Iuliana – Laudatio Iuliae amitae


[ redi ad Satura ]


acta Romae, anno XXXII Divi Iulii (68 a.Chr.n.)

LAVDATIO IVLIAE AMITAE

CAIVS IVLIVS CAESAR

[ Deutsch ] [ English ] [ Español ]

LAVDATIO IVLIAE AMITAE

Suet. Div.Iul. 6:
Quaestor Iuliam amitam uxoremque Corneliam defunctas laudauit e more pro rostris. [s]et in amitae quidem laudatione de eius ac patris sui utraque origine sic refert:
«amitae meae Iuliae maternum genus ab regibus ortum, paternum cum diis inmortalibus coniunctum est. nam ab Anco Marcio sunt Marcii Reges, quo nomine fuit mater; a Venere Iulii, cuius gentis familia est nostra. est ergo in genere et sanctitas regum, qui plurimum inter homines pollent, et caerimonia deorum, quorum ipsi in potestate sunt reges.»

Als Questor hielt er nach dem Tode seiner Tante Iulia und seiner Gemahlin Cornelia nach alter Sitte jeweils eine Lobrede auf der Rednerbühne des Forums. In der Lobrede auf seine Tante berichtet er über ihren Stammbaum und den seines Vaters mütterlicher- und väterlicherseits folgendermaßen:
«Meiner Tante Iulia mütterliches Geschlecht stammt von Königen, das väterliche ist mit den unsterblichen Göttern verwandt. Denn von Ancus Marcius stammen die Marcier König, deren Namen die Mutter führte, von Venus kommen die lulier, zu deren Geschlecht unsere Familie gehört. Es ist also in diesem Geschlecht sowohl die Ehrwürdigkeit der Könige, die auf Erden die meiste Macht haben, als auch die Heiligkeit der Götter, in deren Macht selbst die Könige sind.»


audi orationem

[ 1. Zeile: ORIGINALTEXT

2. Zeile: Text mit Kennzeichnung von Längen, Akzenten, Elisionen und Verschmelzungen
3. Zeile: Wort für Wort Übersetzung
4. Zeile: Übertragung ]

AMITAE MEAE IVLIAE

amítae méae Iûliae
Tante meiner Julia
Meiner Tante Julia

MATERNVM GENVS AB REGIBVS ORTVM,

mâtérnum génus_ab rêgibus_órtum,
mütterliches Geschlecht von Königen abgestammt
mütterliches Geschlecht stammt von Königen,

PATERNVM CVM DIIS IMMORTALIBVS CONIVNCTVM EST.

patérnum cum diîs_immortâlibus coniûnctum_(e)st.
väterliches mit den Göttern den unsterblichen verbunden ist.
das väterliche ist mit den unsterblichen Göttern verwandt.

NAM AB ANCO MARCIO SVNT MARCII REGES,

nam ab_Áncô Mârciô sunt Mârciî Rêgês,
denn von Ancus Marcius sind die Marcii Könige,
denn von Ancus Marcius stammen die Marcier König,

QVO NOMINE FVIT MATER;

quô nômine fuit mâter;
von welchem Namen war die Mutter;
deren Namen die Mutter führte;

A VENERE IVLII,

â Vénere Iûliî,
von Venus die Iulii,
von Venus kommen die lulier,

CVIVS GENTIS FAMILIA EST NOSTRA.

cûius géntis família_(e)st nóstra.
dessen Geschlecht die Familie ist unsere.
zu deren Geschlecht unsere Familie gehört.

EST ERGO IN GENERE

est érgô_in génere
ist also im Geschlecht
Es ist also in diesem Geschlecht

ET SANCTITAS REGVM,

et sánctitâs rêgum,
sowohl die Unverletzlichkeit der Könige,
sowohl die Ehrwürdigkeit der Könige,

QVI PLVRIMVM INTER HOMINES POLLENT,

quî plûrim(um)_ínter_(h)óminês póllent,
die am meisten unter den Menschen vermögen,
die auf Erden die meiste Macht haben,

ET CAERIMONIA DEORVM,

et caerimônia deôrum,
als auch die Heiligkeit der Götter
als auch die Heiligkeit der Götter,

QVORVM IPSI IN POTESTATE SVNT REGES.

quôr(um)_ípsî_(i)n potestâte sunt rêgês.
deren sie selbst in der Macht sind die Könige.
in deren Macht selbst die Könige sind.


______________

(Gymnasium 57, 1950, s. 112—123)

ELEGANTIA CAESARIS
Zu Caesars Reden und „Commentarii“

von Karl Deichgräber

[...]

4. Wieder an das Volk gerichtet ist die «Laudatio funebris Juliae Marii uxoris» [mütterlicherseits] aus der gens Marcia vom Jahre 68, aus deren Einleitung Sueton die Sätze in seiner Caesarvita 6 entnommen haben dürfte. Sie sprechen von der zugleich königlichen und göttlichen Abkunft der Verstorbenen. Es ist das Beispiel, wie Caesar eine Rede des genus demonstrativum gestaltet, in jeder Beziehung hymnische Prosa, aber caesarischen Charakters, was wir jetzt wohl sagen dürfen:

amitae meae Iuliae (dicr)

A1 maternum genus ab regibus ortum, (cl. heroica)

B1 paternum cum diis immortalibus coniunctum est. (cr + mol)

A2 nam ab Anco Marcio (tr + cr) sunt Marcii Reges, (cr + tr)

quo nomine fuit mater; (cr + tr)

B2 a Venere Iulii, (cr?)

cuius gentis familia est nostra. (cr + tr)

est ergo in genere

A3 et sanctitas regum, (cr + tr)

qui plurimum inter homines pollent, (cr + tr)

B3 et caerimonia deorum, (cr + tr)

quorum ipsi in potestate sunt reges. (cr + tr)

Man muß diese Sätze mit Berücksichtigung der Elisionen und Verschleifungen, was sich im Grunde von selbst versteht, mehr noch als die anderen laut lesen, nach antiker Vorschrift fast singen, um ihre dem Hochton der Dichtung sich nähernde, ja sie vielleicht übertreffende Diktion in ihrem Gehalt voll in sich aufzunehmen; andererseits wundert man sich, daß noch nach Eduard Norden Caesar im Hinblick auf dieses Fragment als orator tumidus bezeichnet werden konnte. Die in der Sache – man könnte auch sagen, in der gewollten Blickrichtung – gegebene Gegenüberstellung ist bis in alle Teile des Satzzusammenhanges und der Wortstellung hinein folgerichtig durchgeführt, und zwar so klar und durchsichtig, daß das Ganze vollkommen systematisch aufgebaut wirkt und sich erst dann wie aus einem mathematischen Grundriß zu einem lebensvollen Organismus entwickelt, eine echte períodos ausführend, wenn im letzten Satz die regia und die divina gens zusammenwachsen und nun das Wort regibus des Anfangs in reges des Schlusses wiederkehrt. Dabei ist nichts gewaltsam ungewöhnlich, weder in der Wortwahl noch in der Komposition, auch nicht zugunsten des jedem Glied eigenen, vor jeder Pause unverkennbaren Klauselrhythmus, der sicher nicht zufällig dort, wo der Gedanke in die heroische Zeit führt, die clausula heroica bringt, Worte, die z. B. auch bei Ennius stehen könnten(9). Es ist auch kein Zufall, daß ihnen eine feierliche Reihe sakraler Längen folgt, denen nur am Anfang, im dritten (diis=dis?) und vierten Wort je eine Kürze gegenüberstehen. Ist es doch gerade auch Ancus Marcius, der genannt wird, der König also, dessen Verdienst es nach der Überlieferung war, nach Tullus Hostilius, soweit es ihm die äußeren Verhältnisse ermöglichten, die religiösen instituta des frommen Numa Pompilius wiederherzustellen und zu ergänzen (vgl. z. B. Liv. 1, 32). Das Stück hat in seiner Haltung etwas Grandios-Monumentales und ist darüber hinaus vorzüglich in dem Verzicht auf preziöse Ansprüche, mag auch, wie anzunehmen, der Inhalt jeden nobilis notwendig bis zum Ärgernis erregt haben. Die unübertreffliche Einfachheit und Sicherheit der Linie schließt jede Kritik aus, die nach vitia sucht. Man soll auch nicht übersehen, daß der Unterschied von Gott und Mensch gewahrt bleibt, so nahe die reges an die Götter herangeführt werden, die Könige in ihrer sanctitas an die Götter in ihrer caerimonia. Das Stück ist rhetorisch einwandfrei, und das bedeutet hier bei aller magniloquentia klar und sachlich. Wir möchten gerade dieses Fragment nicht entbehren. Auch wo der Gegenstand es nahelegte, ins überschwengliche zu fallen, hält sich Caesar an ein festes Maß. Die oratio funebris hat caesarische Form gewonnen, und daß Caesar mit anderen Verfassern von Reden des gleichen genus konkurrierte, bedarf keines Beweises(10).

(9) ortum est. als Versschluß bei hexametrischen Dichtern; vgl. z. B. Vergil Aen. 3, 167 hinc Dardanus ortus,/Iasiusque pater. Allgemein Cic. Or. 191.
(10) Es empfiehlt sich, Ciceros posthume Nachrufe auf Crassus und Cotta aus dem Anfang von De orat. III und ähnliches in die Betrachtung der orationes funebres einzubeziehen und die Konsolationsliteratur zu vergleichen. Das von Fr. Vollmer, Laudationum funebrium Romanorum historia er reliquiarum editio. Fleckeisens Jahrbücher, Suppl. 18, 1891, 445 ff. zusammengestellte Material ist leider sehr dürftig. Bei einer Stilbetrachtung muß man den Laudationes selbstverständlich auch das schöne Kompliment Cäsars an Cicero zu Anfang von «De analogia» an die Seite stellen, das charakteristische Kennzeichen des rednerischen Stils Cäsars aufweist. Nur ein Beispiel ist die durchgehende Rhythmisierung, die ausschließlich mit ditr. und cr. + tr. arbeitet. Beachtung verdient auch in besonderem Maße die direkt wiedergegebene Rede des Galliers Critognatus. Gewisse rhythmische Elemente sind unverkennbar. Nur ist m. E. diese Rede nicht geeignet, dem Schüler ein Beispiel von Cäsars rhetorischen Kunstmitteln zu geben, da im Ganzen der Stil der Darstellung gewahrt wird. Selbstverständlich muß die Rhythmisierung bei der Textrezension berücksichtigt werden, z. B. in der Frage der Wortstellung. (Eine in ihrer Art echt kritische Ausgabe von «De bello Gallico» brachten 1944 die «Editiones Helveticae» aus der Hand von Harald Fuchs). Das obskure, aus vier Worten bestehende Fragment einer Rede apud milites (Klotz Nr. 9) ist für eine Analyse wertlos.

[...]

__________

acta Romae, anno XXXII Divi Iulii (68 a.Chr.n.)

LAVDATIO IVLIAE AMITAE

CAIVS IVLIVS CAESAR


LAVDATIO IVLIAE AMITAE

Suet. Div.Iul. 6:
Quaestor Iuliam amitam uxoremque Corneliam defunctas laudauit e more pro rostris. [s]et in amitae quidem laudatione de eius ac patris sui utraque origine sic refert:
«amitae meae Iuliae maternum genus ab regibus ortum, paternum cum diis inmortalibus coniunctum est. nam ab Anco Marcio sunt Marcii Reges, quo nomine fuit mater; a Venere Iulii, cuius gentis familia est nostra. est ergo in genere et sanctitas regum, qui plurimum inter homines pollent, et caerimonia deorum, quorum ipsi in potestate sunt reges.»

When quaestor, he pronounced the customary orations from the rostra in praise of his aunt Julia and his wife Cornelia, who had both died. And in the eulogy of his aunt he spoke in the following terms of her paternal and maternal ancestry and that of his own father:
"The family of my aunt Julia is descended by her mother from the kings, and on her father's side is akin to the immortal Gods; for the Marcii Reges (her mother's family name) go back to Ancus Marcius, and the Julii, the family of which ours is a branch, to Venus. Our stock therefore has at once the sanctity of kings, whose power is supreme among mortal men, and the claim to reverence which attaches to the Gods, who hold sway over kings themselves."


audi orationem

[ 1. line: ORIGINAL TEXT

2. line: text with notation of lengths, accents and elisions
3. line: literal translation
4. line: sense translation ]

AMITAE MEAE IVLIAE

amítae méae Iûliae
of aunt my Julia
Of my aunt Julia

MATERNVM GENVS AB REGIBVS ORTVM,

mâtérnum génus_ab rêgibus_órtum,
maternal house from kings descended,
the family is descended by her mother from kings,

PATERNVM CVM DIIS IMMORTALIBVS CONIVNCTVM EST.

patérnum cum diîs_immortâlibus coniûnctum_(e)st.
paternal with the Gods immortals united is;
and on her father's side is akin to the immortal Gods.

NAM AB ANCO MARCIO SVNT MARCII REGES,

nam ab_Áncô Mârciô sunt Mârciî Rêgês,
for from Ancus Marcius are the Marcii Kings,
For from Ancus Marcius originate the Marcii Kings

QVO NOMINE FVIT MATER;

quô nômine fuit mâter;
of which name was the mother;
whose name the mother carried;

A VENERE IVLII,

â Vénere Iûliî,
from Venus the Iulii,
the Julii go back to Venus,

CVIVS GENTIS FAMILIA EST NOSTRA.

cûius géntis família_(e)st nóstra.
of which gens the family is our.
the family of which ours is a branch.

EST ERGO IN GENERE

est érgô_in génere
is therefore in house
Our ancestry therefore has

ET SANCTITAS REGVM,

et sánctitâs rêgum,
both the sanctity of kings,
at once the sanctity of kings,

QVI PLVRIMVM INTER HOMINES POLLENT,

quî plûrim(um)_ínter_(h)óminês póllent,
who mostly among men are potent,
whose power is supreme among mortal men,

ET CAERIMONIA DEORVM,

et caerimônia deôrum,
and the sacredness of Gods,
and the claim to reverence which attaches to the Gods,

QVORVM IPSI IN POTESTATE SVNT REGES.

quôr(um)_ípsî_(i)n potestâte sunt rêgês.
whose themselves in the power are the kings.
who hold sway over kings themselves.


__________

acta Romae, anno XXXII Divi Iulii (68 a.Chr.n.)

LAVDATIO IVLIAE AMITAE

CAIVS IVLIVS CAESAR


LAVDATIO IVLIAE AMITAE

Suet. Div.Iul. 6:
Quaestor Iuliam amitam uxoremque Corneliam defunctas laudauit e more pro rostris. [s]et in amitae quidem laudatione de eius ac patris sui utraque origine sic refert:
«amitae meae Iuliae maternum genus ab regibus ortum, paternum cum diis inmortalibus coniunctum est. nam ab Anco Marcio sunt Marcii Reges, quo nomine fuit mater; a Venere Iulii, cuius gentis familia est nostra. est ergo in genere et sanctitas regum, qui plurimum inter homines pollent, et caerimonia deorum, quorum ipsi in potestate sunt reges.»

Siendo cuestor pronunció según costumbre en la tribuna de los oradores el elogio fúnebre de su tía Julia y de su mujer Cornelia recién fallecidas. En el elogio de su tía se expresó en estos términos respecto a la doble ascendencia de su tía y de su padre:
«El linaje materno de mi tía Julia desciende de reyes, el paterno está ligado a los dioses inmortales; pues de Anco Marcio proceden los Marcios Reyes cuyo nombre llevaba su madre, y de Venus los Julios, de cuya estirpe forma parte nuestra familia. Se da, pues, en su linaje tanto la santidad de los reyes que son los que más poder tienen entre los hombres como la reverencia debida a los dioses en cuyo poder están los propios reyes.»


audi orationem

[ 1. linea: TEXTO ORIGINAL

2. linea: texto con notation de la longitud, accentos y elisiones
3. linea: traducción literal
4. linea: traducción con sentido ]

AMITAE MEAE IVLIAE

amítae méae Iûliae
De tía mia Julia
De mi tía Julia

MATERNVM GENVS AB REGIBVS ORTVM,

mâtérnum génus_ab rêgibus_órtum,
el materno linaje de reyes originado,
el linaje materno desciende de reyes,

PATERNVM CVM DIIS IMMORTALIBVS CONIVNCTVM EST.

patérnum cum diîs_immortâlibus coniûnctum_(e)st.
el paterno a los dioses inmortales unido está;
el paterno está ligado a los dioses inmortales;

NAM AB ANCO MARCIO SVNT MARCII REGES,

nam ab_Áncô Mârciô sunt Mârciî Rêgês,
pues de Anco Marcio son los Marcios Reyes,
pues de Anco Marcio proceden los Marcios Reyes,

QVO NOMINE FVIT MATER;

quô nômine fuit mâter;
de cuyo nombre fue la madre,
cuyo nombre llevaba su madre,

A VENERE IVLII,

â Vénere Iûliî,
de Venus los Julios,
y de Venus los Julios,

CVIVS GENTIS FAMILIA EST NOSTRA.

cûius géntis família_(e)st nóstra.
de cuya estirpe familia es nuestra.
de cuya estirpe forma parte nuestra familia.

EST ERGO IN GENERE

est érgô_in génere
Es, pues, en su linaje
Se da, pues, en su linaje

ET SANCTITAS REGVM,

et sánctitâs rêgum,
tanto la santidad de los reyes,
tanto la inviolabilidad de los reyes,

QVI PLVRIMVM INTER HOMINES POLLENT,

quî plûrim(um)_ínter_(h)óminês póllent,
que lo más entre los hombres son-poderosos,
que son los que más poder tienen entre los hombres,

ET CAERIMONIA DEORVM,

et caerimônia deôrum,
como la sagralidad de los dioses,
como la reverencia debida a los dioses,

QVORVM IPSI IN POTESTATE SVNT REGES.

quôr(um)_ípsî_(i)n potestâte sunt rêgês.
de los quales los propios en poder están reyes.
en cuyo poder están los propios reyes.